Hall of Fame 2019 - Gottfried Böttger (posthum)
PINETOP- Laudatio für Gottfried Böttger „Hall Of Fame” (posthum)
Wir beginnen mit einer Ehrung in der Kategorie HALL OF FAME, die uns mit größter Wehmut erfüllt, da es sich um eine posthume Ehrung handelt. Wir hätten unserem Preisträger so gerne noch zu Lebzeiten den PINETOP persönlich überreicht, und so war es für dieses Jahr auch schon geplant, doch leider konnte es dazu nicht mehr kommen. Im Oktober 2017 ist er mit nur 67 Jahren viel zu früh von uns gegangen. Er war und wird immer bleiben einer der ganz Großen des Blues-, Boogie-Woogie und Ragtime-Pianos in Deutschland: Gottfried Böttger!
Fast jeder, auch außerhalb der Boogie-Szene, kennt ihn, nicht zuletzt wegen seiner regelmäßigen Auftritte in der Talkshow 3 nach 9, in der er seit der ersten Sendung 1974 bis zu seinem Abschied 2014 der ständige Pianist war. Das sind unglaubliche 40 Jahre seines Boogie-Woogie-Spiels im Deutschen Fernsehen.
Klassisch ausgebildet, erster Auftritt mit 7, entdeckte er als Teenager den Boogie-Woogie als Ausdrucksmöglichkeit und schlich sich abends durch ein von ihm vorher geöffnetes Kellerfenster in das Gemeindehaus seiner Kirche, um dort am Klavier Swing-Jazz, Ragtime, Gospel, Blues und Boogie zu üben, denn zuhause war, so Gottfried, nur „Kulturmusik“ erwünscht. Unser Preisträger war Teil und Katalysator der sehr kreativen Hamburger Musikszene seit deren Urknall in den 1970er Jahren und gehört untrennbar zur Geschichte des legendären „Onkel Pö“. Nach dem Abitur rief er die Formation „Leinemann“ ins Leben.
1973 erfolgten die Gründung der Rentnerband und des Panikorchesters mit Udo Lindenberg. Mit Memphis Slim, Champion Jack Dupree, Chuck Berry und gab er zahlreiche Konzerte, er tourte in aller Welt, so z.B. mit dem Saxofonisten Rainer Regel in Shanghai und mit dem Boogiemeister Axel Zwingenberger durch Indien. 2006 wurde er „Klavierspieler des Jahres“, spielte an zwei Pianos viel beachtete Tonträger ein, u.a. mit Axel Zwingenberger, mit seiner ersten Frau Jasmin, oder mit seinem Neffen Henning Pertiet.
Darüber hinaus war unser Preisträger jahrelang Honorarprofessor für Digitale Audiotechnik.
Als Gottfried 13 Jahre alt war, waren seine Eltern die Hausärzte einer Hamburger Familie mit einer Tochter namens Ellen. Die Familie Böttger wurde in deren Ferienhaus auf der Insel Römö eingeladen, wo sich der Teenager in Ellen verliebte und ihr den ersten Liebesbrief seines Lebens schrieb. Das war 1963. Eine Woche lang gingen sie Hand in Hand durch die Römöer Heide, aber ihre Wege trennten sich. Doch sage und schreibe 44 Jahre später, 2007, sollten sich völlig unerwartet ihre Wege in Hamburg kreuzen. Für sie beide war diese Begegnung nicht Zufall, sondern Fügung. Diesmal blieben sie als Paar fest zusammen, und durchschritten gemeinsam, Seite an Seite, Höhen und Tiefen, teilten Freude und Leid. Gottfried hat viele Menschen glücklich gemacht. Bis zuletzt spielte er den Ärzten, Krankenschwestern und anderen Patienten auf dem Keyboard etwas vor. Seine Musik wird weiterleben, wie auch die Erinnerung an einen feinsinnigen und sensiblen Menschen, dem, wie er auch ausdrücklich sagte, das christliche Gebot der Nächstenliebe immer sehr am Herzen lag. Er machte nicht viel Aufheben davon, dass er sehr karitativ tätig war, gerne Benefizkonzerte spielte und z.B. an Weihnachten in der Justizvollzugsanstalt für die Inhaftierten Konzerte gab. Er förderte junge Musiker mit Rat und Tat, fand ermutigende, wenn es nötig war, auch kritische, aber immer konstruktive Worte.
Auf seinen Sohn Bendix -ebenfalls ein ausgezeichneter Pianist - war er zeitlebens stolz. In gemeinsamen Duetten entfachten Vater und Sohn auf zwei Flügeln beim Publikum wahre Begeisterungsstürme.
Uns erfreut aus tiefstem Herzen, dass zwei wunderbare Menschen heute hier sind, um Gottfrieds posthumen Award in der Kategorie HALL OF FAME entgegenzunehmen.
Gottfrieds Lebensgefährtin Ellen von Spanyi und Gottfrieds Sohn Bendix Böttger!