Besondere Verdienste 2015 - Manfred Roth

Pinetop 2015 -Besondere Verdienste – Manfred F. Rothbesondere verdienste 3 2015

„Als der Funke übersprang“ – mit der Überschrift eines Artikels, welcher im Mai 1995 in der Jazz-Zeitung erschien, möchte ich meine Laudatio auf eine Persönlichkeit beginnen, welche seit Jahrzehnten für unglaubliches Wissen über unsere Lieblingsmusik (und weit darüber hinaus) steht und zudem über rhetorische Fähigkeiten verfügt, die ihresgleichen suchen.
Rhetorische Fähigkeiten, die den Laudator schon sehr häufig innerlich applaudieren haben lassen. Die Eleganz seiner Worte, die Fähigkeit, Kritik auf eine solch faszinierende Weise äußern zu können, dass man diese schon fast zur Kunstform erheben sollte (auch, wenn man sich wünscht, dass man selbst bei eventuell negativer Beurteilung  nicht betroffen wäre ), gepaart mit seiner Unbestechlichkeit beim Hören und Beurteilen von Musik, führen dazu, dass wir heute einen Mann ehren, dessen Worte, reviews, Fachartikel, Radiosendungen (Jazz Welle Plus), Kommentare, Ratschläge und Hintergrundinformationen so immens wichtig für unsere Szene sind. Sie sind nicht wegzudenken.
Geboren im Jahre 1931, musste unser Preisträger die grauenvollen Jahre und die Qualen des 2. Weltkrieges mit all seinen Auswirkungen in Berlin erleiden. Furchtbare Zeiten. Wie schön, dass nach der Phase des Überganges der Sendestart von AFN Berlin (American Forces Network) und seines britischen Gegenstücks BFN den jungen Klavierschüler sehr beeindruckte. An dieser Stelle darf ich unseren Laureaten zitieren: „…und bei der zweiten oder dritten Sendung kam dann „ER“: Der Honky Tonk Train Blues von Meade Lux Lewis, und gleich danach Albert Ammons‘ „Shout for joy“! Ja, das hatte gesessen…nun war’s passiert!“
Wenn ich nun nur einige wenige Namen wie Rafi Lüderitz, Manfred Frenz, Tobias Fichelscher, Hermann Kügler, Heinz Schellerer, Erich Dunst oder Freddie Brocksieper nenne, so löst jeder einzelne ganz sicher unendlich viele Erinnerungen aus und es gäbe noch so viele Musikerpersönlichkeiten mehr, zu denen wir von unserem Künstler bewegende und wunderbare Geschichten erzählen könnte.
Bitte, erlauben Sie mir, wenn ich ganz speziell eine Person nicht unerwähnt lassen möchte, nicht unerwähnt lassen darf: Leopold von Knobelsdorff. Die jahrzehntelange Freundschaft unseres Künstlers zu Leo und die Lebensgeschichten beider wären eine Verfilmung wert. Es wäre ein herzerwärmendes, emotionales Werk, musikalisch umrahmt mit Swing-, Blues- und Boogie-Woogie-Rhythmen und grandiosen Textbeiträgen.
Seit Jahrzehnten nun schon in Bayern beheimatet (1950 ging es mit einer 17-Stunden-Bummelzugreise nach München!), erlauben Sie mir, bitte, in diesem Zusammenhang auch einen Gruß an die „Occam Street Footwarmers“, beobachtet unser Laureat nach wie vor sehr genau und mit exzellenter Expertise die aktuelle Szene, vergisst jedoch hierbei keineswegs die Pflege der Erinnerungen an historische Aufnahmen und grandiose Musiker.
Die Inspiration, die wir ihm verdanken, das Mut machen in turbulenten Zeiten, das Weitergeben seines Wissens, das Erweitern des Horizontes durch das Vertiefen in seine Texte, die Jazz-Geschichte, deren wichtiger Teil er ist und von der er so fantastisch erzählen kann…es gäbe noch viele Punkte mehr, die man voller Begeisterung aufzählen könnte und die Beleg dafür wären, wie viel Unterstützung der Preisträger unserer Szene zukommen lässt.
Leider ist es ihm aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich, heute an der Preisverleihung teilzunehmen; unsere aufrichtigen, besten Genesungswünsche seien ihm gewiss.
Wir freuen uns von ganzem Herzen und sind sehr bewegt, heute für BESONDERE VERDIENSTE UM DEN BOOGIE WOOGIE einen großen Mann ehren zu dürfen:

MANFRED F. ROTH!